Suppe -
franz.potage, engl. soup
Jede Suppe besteht aus einer warmen Brühe, in der verschiedene andere Dinge, seien dies nun Gemüse,
Hülsenfrüchte, Gegräupe, Klößchen, Nudeln etc. gargekocht sind; man bringt
die Suppe gewöhnlich zum Beginn der Mahlzeiten, namentlich des Mittagessens, auf den Tisch und ißt
sie mit dem Löffel aus tiefen, besonders hierzu bestimmten Tellern.
Es gibt Fleischbrühsuppen, welche die vortrefflichsten und gesündesten sind,
ferner Fischsuppen, Milchsuppen, Weinsuppen, Biersuppen, Wassersuppen und etwa noch Fruchtsuppen,
die man aus Obst, Wasser und Wein herstellt.
Jede dieser Suppen kann bei gehöriger Zubereitung in ihrer Art gut sein, aber die Suppe per
excellence bleibt natürlich die Fleischbrühsuppe, welche die Vorzüge, nahrhaft,
leicht verdaulich und schmackhaft zu sein, am besten in sich vereinigt.
Die Franzosen behaupten, daß kein anderes Volk außer ihnen im Stande sei,
eine gute FleischbrühSuppe zu bereiten, allein bei der nötigen Aufmerksamkeit
können wir ihnen dies bald gleich thun, wenn auch freilich die deutsche Kochkunst in dieser
Beziehung noch machnches zu lernen hat, da unsere Köchinen die Suppe meist als bloße
Nebensache behandeln und nicht begreifen können, daß sie einen der wichtigsten
Bestandteile unseres Mahles ist, was die Overture bei einer Oper bedeutet.
Die kräftigsten unter den Bouillon-Suppen sind wiederum mit Fleischeinlagen, wie z.B. die
Geflügel-Puree-Suppen, die Suppe a`la reine, die Wild-Bret-Suppen, Schildkröten-,
Mockturtle-Suppen u. dergl.; auch die Austern-, Krebs- und Fisch-Suppen gelten als sehr nahrhaft,
doch möchten wir den Krebs-Suppen hierbei einen Vorzug einräumen, da die anderen
meist zu scharf gewürzt werden; nach ihnen kommen die Eier-Suppen, Reis-, Gräupchen-,
Sago-, Gries- und Nudel-Suppen (letztere am besten von selbstgemachten Nudeln), sowie die mit
Nocken und leichten Klößchen.
Gut sind auch die Gemüse-Puree-Suppen, weil hierbei die Gemüse durchgeschlagen, also
im leicht verdaulichen Zustande beigefügt sind, oder die Bouillon-Suppen mit jungen,
feingeschnittenen, vorher besonders abgekochten Gemüsen, wie Julienne-, Spargel-,
Blumenkohl-, Carotten-Suppe, während diejenigen, welche mit allzu reichlichen grünen
Kräutern gekocht werden, weniger zuträglich sind.
Gute Milch-Suppen und nicht zu stark gewürzte Bier-Suppen sind ebenfalls nahrhaft, aber die
Wein-Suppen sind meist zu erhitzend und die Wasser-Suppen zu nüchtern und kraftlos, um einen
anderen Werth als den der Abwechslung zu besitzen, denn selbst als Krankensuppen sind schwache,
gut entfettete Bouillon-Suppen weit angemessener, obwohl man Wasser-Suppen, wenn sie von
Wurzelbrühe bereitet und mit frischer Butter nebst ein bis zwei Eiern abgequirlt werden,
auch ganz schmackhaft machen kann; die Obst-Suppen sind mehr eine bloße Spielerei und sagen
nur Denen zu, welche überhaupt für süße Speisen eingenommen sind.
Da die Fleischbrühe bereiteten Suppen und Saucen die besten, gesündesten und
nahrhaftesten, sowie auch demgemäß die wichtigsten für die Kochkunst sind,
werden wir uns hier ausschließlich mit diesen beschäftigen und vor allen Dingen
zeigen, auf welche Art man nach den Regeln und Grundsätzen der Wissenschaft eine
gute, kräftige Fleischbrühe herstellt.
Die beste Brühe liefert das Rindfleisch, welches daher auch in größerer
Quantität dazu benutzt werden muß als andere Fleischarten, weil es am meisten
Nährstoff oder Osmazom enthält, das neben Fibrin oder Faserstoff, Gelantine oder Gallertstoff,
Fett und Eiweiß der wichtigste unter den Bestandteilen des Fleisches ist.
Kalbfleisch enthält weniger Osmazom, aber viel Gallerststoff und gibt der Brühe
einen milden Geschmack; altes Geflügel trägt ebenfalls zur Vermehrung des
Wohlgeschmacks und ebenso etwas zur Nahrhaftigkeit der Brühe bei, doch kann man auch ohne
dasselbe eine treffliche Brühe bereiten.
Man nimmt also möglischst frisches, nicht zu fettes Rindfleisch (auf je 1 Liter Wasser
½ Kilogramm Fleisch), etwas die Hälfte soviel derbes Kalbfleisch, einige zerhackte
Kalbsbeinknochen und Rindsmarkknochen, wäscht das Fleisch jedoch nicht, sondern wischt es
nur mit einem sauberen Tuch ab, setzt es mit kaltem Wasser über gelindes Feuer und bringt
das Wasser sehr langsam zum Kochen, wodurch zuerst der im Fleisch enthaltene Eiweißstoff
aufgelöst wird und geronnen an die Oberfläche steigt, wo man ihn in Gestalt von
Schaum erblickt, den man sofort sorgfältig mit dem Schaumlöffel abschöpfen muß,
weil man sonst keine klare Brühe erhalten würde.
Erst nach dem Abschäumen fügt man Salz und Wurzelwerk hinzu, aber weder Zwiebeln noch
Gewürz, um der Brühe keinen starken Beigeschmack zu geben; will man dieselbe nicht gleich
verwenden, sondern noch aufbewahren oder zur Herstellung von Saucen benutzen, so füge man nur
sehr wenig Salz hinzu, da sich die Salztheile durch längeres Stehen und nochmaliges
Aufkochen völlig auflösen und jede Brühe schon am nächsten Tage weit stärker
gesalzen schmeckt, als an dem Tage, wo sie bereitet wird; ebenso sei man mit der Zuthat von
Wurzelwerk sparsam, um der Brühe nicht ihren charakteristischen Wohlgeschmack zu benehmen.
Um eine recht kräftige Brühe zu gewinnen, muß das Fleisch 6 - 7 Stunden gut
zugedeckt ganz leise fortkochen, ohne zu sieden, damit nach und nach alle Nährstoffe
herausgezogen werden und Nichts als die zähen, lederartigen, saftlosen Fasern neben den Knochen
zurückbleibt; hierauf schöpft man das Fett behutsam ganz und gar davon ab, seiht die
Brühe durch ein Tuch und verwendet sie entweder zu Suppen, indem man Einlagen verschiedener
Art hinzufügt, oder man benutzt sie zu Saucen.