Suppentopf
Es gehört dazu ein sehr sauberes Kochgeschirr, in welchem eigentlich nur Suppen gekocht werden sollten.
Vorzüglich sind dazu Blechgeschirre ,it gut schließenden Deckeln oder eiserne
glasierte Töpfe zu empfehlen.
Auch sei hier die Aufmerksamkeit der Hausfrauen auf den Papinschen Bouillontopf gelenkt,
welcher mit Unrecht als umständlich und gefährlich im Gebrauch verrufen ist;
seine Behandlung verursacht denkenden Frauen keine Schwierigkeit, und ir liefert eine kräftigere
Brühe als gewöhnliche Töpfe. Dasselbe gilt für den Umbachschen Kochtopf.
Wahl des Fleisches
Das Fleisch, welches man zur Bereitung einer guten Bouillon benutzen will, muß frisch sein.
Rindfleisch aus der Keule sowie das Schwanzstück und die Oberschale liefert die kräftigste Bouillon;
doch bereitet man aus jeder Fleischsorte, es sei Hammel-, Kalb-, Wildfleisch oder Geflügel, eine
gute Fleischbrühe von verschiedenartigem Wohlgeschmack. Für Kranke, welche nur leicht
verdauliche Speisen genießen dürfen, als Geflügel und Kalbfleisch, ist auch die daraus
hergestellte Bouillon vorzuziehen. Das Fleisch von älteren Tieren gibt eine kräftigere
Fleischbrühe als das von jungen.
Passendes Stück
Wird mehr auf eine kräftige Bouillon als auf ein saftiges Stück Fleisch Rücksicht
genommen, wie es bei einem solchen Gesellschaftsessen, wo das Suppenfleisch nicht zur Tafel
kommt, oft der Fall ist. so nehme man ein Stück aus der Keule, ohne Fett und Knochen,
welches, so trocken es auch nach dem Auskochen sein mag, doch zweckmäßig benutzt
werden kann, z.B. mit gekochtem fetten Schinken oder Speck fein gehackt, zu gewöhlichen
Frikandellen oder zu Panhas, welches ein sehr gutes und billiges Gericht für einen
gewöhnlichenTisch ist.
Soll aber das Fleisch nach der Suppe oder als Beilage gegeben werden, so thut man gut, alle
lappigen unansehnlichen Teile abzuschneiden und weiter zu zerkleinern, damit sie recht
ausgelaugt werden, sie alsdann eine Stunde, mit kaltem Wasser bedeckt, an eine warme Herdstelle
zu stellen, dann zum Kochen zu bringen und die Kompakteren Stücke erst, wenn die Suppe kocht,
zuzugeben, um ihnen den Saft zu erhalten. Was der Suppe dadurch an Kraft abgeht, kann durch
Fleischextrakt ersetzt werden.
Behandlung des Fleisches
Das Fleisch wasche man nur leicht ab oder vermeide das Waschen wenn möglich ganz, jedenfalls
darf man das Fleisch nicht längere Zeit im Wasser liegen lassen. Beim Aufsetzen des Fleisches
berücksichtige man von Anfang an das Einkochen der Brühe und bemesse danach die Menge
des Wassers; ein Nachgießen nimmt der Suppe den Wohlgeschmack. Muß jedoch ein
Nachgießen erfolgen, so füge man stets kochendes ja nicht kaltes Wasser hinzu.
Das Abschäumen
Gutes Abschäumen darf man nicht als Nebensache betrachten, wenn man eine klare wohlschmeckende
Fleischbrühe gewinnen will.
Das Unterlassen des Abschäumens, das jetzt vielfach angeraten wird, da durch das Abschäumen
Kraft verloren geht, kann ich nicht empfehlen, das Eiweiß des Schaumes nützt dem Menschen
wenig und eine trübe Suppe ist nicht entfernt so appetitanregend (was doch die Haupteigenschaft
der guten Fleischbrühe ist) wie eine klare Bouillon.
Doch geschehe das Abschäumen nicht zu früh, sondern erst, wenn das Fleisch eine halbe
Stunde langsam gezogen hat, da der Schaum dann nur noch aus wenig trüben Eiweißlocken
besteht. Man schäumt die Brühe, indem man einen Löffel kalten Wassers in die Bouillon
gießt und dann sofort den aufsteigeneden Schaum abfüllt.
Bei völlig schließenden Suppentöpfen ist ein Abschäumen nicht erforderlich,
indem das Eiweiß gelöst bleibt.
Das Salzen
Da Salzgehalt des Wassers dem Auslaugen der Fleischbrühe hinderlich ist, geschehe das Salzen
erst nach dem Abschäumen, wo man dann auch sicherer die nötige Menge Salz abschmecken
kann.
Man berücksichtige aber den Umstand, daß bei dem langen Kochen die Flüssigkeiten
etwas schwindet, dadurch also verhältnismäßig salziger wird.
Eine versalzene Suppe aber macht der Köchin keine Ehre, sie zeugt von Unkunde oder Gedankenlosigkeit.
Sollte ihr aber doch das Mißgeschick passiert sein. daß sie in verliebter
Gedankenabwesenheit ein überzähliges Mal in das Salz gegriffen hat, so gibt der
Osmose-Apparat eine Möglichkeit der Abhilfe.
Das Kochen der Suppe
Nachdem die Fleischbrühe langsam bis zum Kochen gekommen ist, muß si, immer fest
zugedeckt (damit das Fleischaroma nicht entweicht), an mäßiger warmer Herdstelle
mehr ziehen als kochen, vor allem vor Überkochen bewahrt werden.
Auf Holzkohlen, Torf oder in der Grude gekochte Bouillon wird am votüglichsten.
Nach einer Stunde Kochens gebe man zur Vorsicht die Bouillon durch ein reines Haarsieb,
spüle das Stück Fleisch, woran sich oft etwas Schaum setzt, eben ab, bringe es
mit der Boillon, welche langsam vom Bodensatz abgegossen wird, in dem ebenfalls umgesülten
Topf wieder aufs Feuer und gebe das Bestimmte Wurzelwerk hinein.
Zutaten, Suppenkräuter
Ein Stück von einer Sellerieknolle, in der Fleischbrühe gekocht, gibt dieser einen Angenehmen
Geschmack.
Sollte man die Knollen in starkem Maße anwenden wollen, so ist es anzuraten, sie vorher in
Wasser gar zu kochen und dann in die Suppe zu geben, damit der Selleriegeschmack nicht den Kraftgeschmack
überstimme.
Aus diesem Grunde ist bei einer kräftigen Fleischsuppe die Anwendung von vielem Suppenkraut,
namentlich von Sellerieblättern zu vermeiden, sie benehmen ihr den feinen Geschmack.
In einer schwachen Fleisch-, Erbsen- und Kartoffelsuppe aber sind solche Kräuter ganz passend.
Eine rohe Zwiebel gibt der Bouillon eine gelbliche Farbe und dient als Würze.
Petersilien- und Skorzonerenwurzeln kann man eine Stunde nach dem Abklären der
Fleischbrühe hinzugeben - sie bedürfen zum Weichwerden ungefähr ½ Stunde,
Porree und Spargel desgleichen, Sellerieknollen knapp eine Stunde.
Bindungsmittel
Wünscht man etwas Mehl zum Binden einer Fleisch- oder Kartoffelsuppe zu gebrauchen, so
muß dies mit Butter gelb geschwitzt werden; jedoch kann man auch statt dessen etwas
Mehl mit frischer Butter kneten, ein Klößchen davon aufrollen und dieses,
nachdem die Brühe durchgesiebt ist sogleich hineinwerfen.
Es löst sich vollständig auf, macht die Suppe angenehm und sämig;
ersteres hat aber den Vorzug, da es der Suppe einen kräftigeren Geschmack mitteilt.
Man hüte sich jedoch, rohes Mehl an Fleischsuppe zu rühren, was sogar eine
gewöhnliche Kartoffelsuppe unschmackhaft macht.
Wenn die Bouillon zu einem Gesellschaftsessen recht kräftig gekocht wird und mehrere
Gerichte folgen, so ist es üblch, sie klar zu geben und ohne Suppenkraut.
Klößchen, etwas frischer Spargel oder Blumenkohl ist jedoch gestattet.
Für den gewöhnlichen Tisch kann man die Suppen durch Mehlschwitzen binden und durch
hinzugefügten Reis, Graupen, Nudeln oder Sago nahrhafter machen.
Sago oder Figurennudeln wendet man gewöhlich nur bei einer kräftigen Bouillon an.
Maß und Zeit des Kochens von Perlgraupen, Reis, Sago und Figurennudeln
Von Perlgraupen und Reis kann man für 4 Personen, wenn die Suppe etwas sämig
sein soll, 2 gehäufte Eßlöffel rechnen, von Sago oder Figurennudeln
zu einer klaren Bouillon die Hälfte.
Perlgraupen und echten Sago läßt man 2½ - 3 Stunden, Reis 1 Stunde, Kartoffelsago
(an den kleinen runden Körnchen zu erkennen) ¼ - 1 Stunde, Figuren- und Fadennudeln
½ Stunde in der Suppe kochen.
Beim Einkauf von Nudeln hüte man sich vor den gelbgefärbten, welche den Glauben erwecken sollen, als seien sie mit Eiern bereitet.
Die Färbung kann, wenn sie mit Safran geschehen ist, geradezu schädlich wirken.
Klöße
Wünscht man Klöße in der Bouillon oder Suppe zu kochen, so nehme man das Fleisch
vorher heraus, lege es auf eine auf kochendem Wasser stehende Schüssel, gebe 2 - 3
Eßlöffel Suppenfett darüber und decke die Schüssel wenigstens so lange zu, bis die Suppe angerichtet ist.
Soll diese ganz klar sein, so ist es besser, die Klöße in schwach gesalzenem, mit ein
wenig Fleischextrakt versetztem Wasser gar zu kochen und mit dem Schaumlöffel gleich in die
Suppenschale zu legen. Das durchgeseihte Wasser ist noch zu Suppen und Gemüsen brauchbar.
(von Henrriette Davidis (1801-1876), der wohl berühmtesten Kochbuchautorin Deutschlands)