Auster, Oyster, Ostrea -
franz.huitre, engl.oyster, lat.Ostrea
Auster gehört zu den Mollusken oder Weichtieren und ist in einer zweischaligen Muschel
eingeschlossen, deren linke, dickere Schale, mit der sie am Boden festsitzt, etwas gewölbt ist,
während die rechte, ziemlich flache Schale gleichsam den beweglichen Deckel bildet.
Kopf und Fuß fehlt ihnen, die Kiemen sind am äußeren Rande mit einander verwachsen, der Mantel gespalten und an seinem freiligenden, dicken Rand einfach oder doppelt gefranst, und diese Fransen nebst den Kiemenblättern, bilden den sogennaten Bart;
der sehr große Schließmuskel liegt in der Mitte des Tieres.
Sie leben colonienweise im Meere auf den Austernbänken, auch hat man künstliche Austernbänke oder Austernparks zu ihrer Veredelung und Zucht angelegt;
ihr Fang ist sehr einfach, denn wo die Bänke während der Ebbe trocken liegen, nimmt man sie mit
der Hand ab und bei tieferem Wasser bedient man sich des Austernrechens oder Scharrnetzes.
In Deutschland haben Schleswig und Holstein die meisten Austernbänke, namentlich Schleswig an seiner
Westküste; in England, dessen Austern für die feinsten gehalten werden, giebt es unendlich
viele Austernbänke und bedeutende Austernparks in Whitestable und Colchester; die Austernparks von
Ostende, deren Austern meist aus England bezogen werden, gehören zu den bestangelegten, ebenso
liefern die französischen Parks von Marennes, Fecamp, La Tremblade, Havre und Dieppe, wohin die in
der Bucht von Cancale und an den Küsten der Bretagne gefischten Austern gebracht werden,
vorzügliche Austern.
Die Venetianischen Arsenal-Austern und die Triester Pfhal-Austern haben ebenfalls großen Ruf, die
reichsten Austernbänke aber hat Nordamerika, und zwar besonders die Chefapeakban, Massachusetts und
Birginien.
Die amerikanischen Austern sind auch größer und fetter, als die europäoschen,
überdies sind sie dort so wohlfeil, daß sie ein wirkliches Volksnahrungsmittel bilden,
während sie bei uns nur eine Delicatesse für Feinschmecker sind.
Jedenfalls gehören die Austern zu den nahrhaftesten Speisen, und sind, mäßig genossen,
auch leicht verdaulich, namentlich die rohen, ja sie werden schwachen Kranken häufig von den
Ärzten empfohlen;
sie sollen sich viel leichter verdauen, wenn man unmittelbar nach ihrem genuß etwas warme Milch
trinkt oder ein Stück guten, fetten Käse genießt.
Die Vorliebe für diese Speise ist übrigens sehr alt, denn man erzählt, daß schon zu
Acibiades Zeit die Griechen Austern vom Hellespont kommen ließen, und die Römer, welche weit
größere Feinschmecker waren, bereiteten sie auf die verschiedenste Art zu und wollten sie bei
keinem ihrer großen Mahle entbehren.
Horaz besingt ihren Wohlgeschmack und Sergius Orata legte 100 Jahre vor Christi Geburt bereits einen
Austernpark in der Bai von Bajä an, auch Plinius beschreibt die Mästung der Austern in dem
großen Lukrinischen Teiche.
Man öffnet sie mittels der sogenannten Austernbrecher mit vorn abgerundeter Klinge, die man mit der
rechten Hand faßt und zwischen die Fugen der Schale steckt, worauf man durch eine leichte Bewegung
nach auf - und abwärts die obere Schale löst, doch muß man die Auster so halten,
daß beim Öffnen kein Wasser aus der Schale laufen kann.
Am häufigsten werden sie gleich gegessen, sowie sie geöffnet worden sind, indem man etwas
Zitronensaft darauf drückt und sie hinunterschlürft.
Manche Gourmands bereiten sich dazu eine Art Sauce aus Essig, Pfeffer und gehackten Schalotten, in welche
sie die Austern vor dem Verzeheren eintauchen, doch erklären dies die echten Austernliebhaber
für eine Ketzerei und behaupten, man müsse die Austern ohne jede Zuthat sofort nach dem
Aufbrechen der Schale nur mit ihrem eigenem Wasser hinuterschlingen, wenn man das eigentliche Arom
derselben genießen wolle.
Viele trinken Champagner zu den Austern, jedoch ist ein guter Weißwein, namentlich Chablis oder
auch ein Rheinwein, demselben entschieden vorzuziehen.
aus einem Lexikon der Kochkunst von 1886