Anrichten der Speisen -
Anrichten der Speisen muß stets mit der äußersten Sauberkeit und Zierlichkeit geschehen,
denn es genügt nicht, dieselben schmackhaft und gut hergestellt zu haben, sondern man muß es
auch verstehen, sie so auf den Tisch zu bringen, daß sie dem Auge einen wohlgefälligen Anblick
darbieten und schon unwillkürlich den Appetit erregen.
Braten und Geflügel legt man deshalb stets mit der schönsten Seite nach oben, Gemüse und
breiartige Speisen müssen schön glatt gestrichen sein und nie darf eine Schüssel zu voll
gemacht werden.
Eine Hauptsache bei dem Anrichten ist jedoch das Verzeieren und Garnieren der Schüsseln, was
ungemein viel zur Erhöhung des appetitlichen Aussehens beiträgt; so garniert man Fische und
kalte Fleischgerichte mit frischer Petersilie, Zitronenscheiben, Kapern, und harten Eiern, die Gemüse
mit Koteletten, Würstchen, Schinken- und Zungenschnitten, Spinat mit gebratenen Kartöffelchen
und Spiegeleiern, Linsen gleichfalls mit Spiegeleiern, Kohl mit Kastanien, Salat mit harten Eiern.
Spargel richtet man auf einer runden Schüssel an, die Köpfe alle nach innen; Rindfleisch, auch
Schinken wird mit Petersilie oder geriebenem Meerrettig garniert, gedämpftes Fleisch mit
Zitronenscheiben und Kapern, ebenso die Ragouts.
Die Braten müssen nach neuerem Gebrauch Tranchirt auf den Tisch kommen und werden entweder nach dem
Zerschneiden wieder in ihrer vorigen Gestalt zusammengelegt oder die Scheiben kranzförmig auf der
Schüssel angerichtet.
Krebse legt man auch rund um die Schüssel mit den Köpfen nach außen und garniert sie mit
Petersilie.
Die breiartigen Gemüse verziert man je nach der Art, wie sie zubereitet worden sind;
Reis, der mit Fleischbrühe gekocht ist, mit Blumenkohl und kleinen Klößchen, mit Pilzen
u. dergl.; ist er mit Milch gekocht, so wird er wie Milchgries und Milchhirse mit Zucker und Zimmt
bestreut oder mit brauner Butter übergossen; Kartoffelbrei wird mit würfelig geschnittenem,
gebratenem Speck, braungebraten Zwiebeln oder blos mit brauner Butter angerichtet, indem man mit einem
Löffel kleine Vertiefungen in den Brei drückt und die Butter hineingießt.
Andere Gemüse, wie z. B. Erbsen, bestreut man mit gerösteten Semmelbröseln, Blumenkohl
garniert man mit kleinen Klößchen, Krebsschwänzen, Morcheln u.f.w.
Manche Schüsseln umgiebt man mit gerösteten Semmelschnitten, nur muß man überall
darauf bedacht sein, daß die Verzierung auch ganz im Einklang mit der Natur des Gerichts steht.
Braten und Fische, sowie alle größeren Fleischgerichte verziert man in vornehmen Häusern
mit den sehr gebräuchlich gewordenen Silberspießchen, an welche Trüffeln, Morcheln,
Krebse oder zierlich in allerhand allegorische Figuren ausgeschnittenes Wurzelwerk gespießt werden,
womit man dann das Fleisch oder den Fisch besteckt, auch fertigt man da ganze Schüsselgarnierungen
von künstlich ausgezackten harten Eiern, Wurzeln oder Nudelteig, von Figuren aus
Blätterteig u. dergl., worüber bei dem Artikel "Schüsselränder"
näheres steht; ebenso hat man zierlich faconnirte silberne Schüsselränder, welche mittels Charniers um
die Schüsseln befestigt werden.
(aus einem Lexikon der Kochkunst von 1886)